Forschung
Cybersicherheit braucht Vielfalt: Aktuelle Zahlen und Trends
Trotz zunehmender Bemühungen um Gleichstellung sind Frauen in der Cybersicherheit nach wie vor in der Minderheit. Doch was sagen die Zahlen? Und was muss geschehen, um den Wandel in der Branche zu beschleunigen? Anlässlich des Internationalen Frauentages 2025 werfen wir einen Blick auf die aktuelle Entwicklung des Fachkräftemangels und der Rolle von Frauen in der Cybersicherheit.
Aktuellen Studien zufolge hat sich der Fachkräftemangel in Deutschland in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt. Derzeit kämpfen 86 Prozent der deutschen Unternehmen um qualifizierte Talente. Damit steht Deutschland weltweit an der Spitze und übertrifft den globalen Durchschnitt von 74 Prozent deutlich. Besonders betroffen sind die Branchen Energie, Gesundheitswesen und IT, in denen die Nachfrage nach spezialisierten Fachkräften das Angebot bei Weitem übersteigt. Im speziellen Bereich der Cybersicherheit hat sich die Personallücke im vergangenen Jahr Schätzungen nach um 15 Prozent vergrößert. Demnach werden insgesamt 120.000 zusätzliche Fachkräfte benötigt, um Organisationen in Deutschland ausreichend zu schützen.
Welche Bereiche innerhalb der Branche besonders von den Personalengpässen betroffen sind, haben wir vergangenes Jahr im Rahmen einer eigenen Erhebung in Kooperation mit dem Horst-Görtz-Institut für IT-Sicherheit und dem Exzellenzcluster CASA untersucht.
Nach Einschätzung der Befragten gehören dazu vor allem die interne Umsetzung von Sicherheitsmaßnahmen (65%), das IT-Sicherheitsmanagement (65%) und das Risikomanagement (55%). Darauf folgen die Bereiche Incident Response und Forensik (51%) sowie das Notfall- und Business Continuity Management (50%):
Diversität als Schlüsselfaktor gegen die Fachkräftelücke
Wie können Organisationen den steigenden Bedarf trotz der angespannten Personalsituation angemessen decken? Einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom zufolge sehen 90 Prozent der IT-Unternehmen in Deutschland eine Erhöhung des Frauenanteils als wichtige Chance. Als Gründe werden hier vor allem die positiven Auswirkungen auf die Unternehmenskultur genannt: 92 Prozent sind der Meinung, dass gemischte Teams zu einem besseren Betriebsklima beitragen. 73 Prozent teilen die Einschätzung, dass der Frauenanteil die Produktivität und Kreativität in Teams bzw. im Unternehmen fördert. Insgesamt 66 Prozent der Befragten stimmen der Aussage zu, dass die IT-Branche ohne Frauen ihre Zukunft verspielt.
Mit welchen konkreten Maßnahmen die Organisationen dem Fachkräfteengpass aktuell begegnen, haben wir in unserer Erhebung zum Personalbedarf in der Cybersicherheit ebenfalls untersucht: Allen voran liegen hier die Möglichkeiten zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung, die 80 Prozent der befragten Organisationen anbieten. Darauf folgen Gleichstellungs-, Diversitäts- und Inklusionsinitiativen (55%), die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen (47%), gezielte Weiterbildungsangebote (45%) und die Rekrutierung außerhalb des gewöhnlichen Einzugsbereichs (35%). Bisher verwenden 30 Prozent der befragten Organisationen allgemeinere, weniger technische Anforderungen in Stellenausschreibungen. 22 Prozent haben bereits Mentoring-Angebote etabliert. Etwa jede fünfte Organisation (19%) ermutigt aktiv fachfremde Angestellte zur Umschulung auf IT-Sicherheit.
Der Status Quo: Frauen in der Cybersicherheit
Und wie kommen die bisherigen Maßnahmen bei den Frauen an? Aktuellen Daten nach sind weltweit etwa 20 bis 25 Prozent der Fachkräfte im Bereich Cybersicherheit weiblich. Gleichzeitig ist die Branche nirgendwo so männlich dominiert wie hierzulande. Mit einem Frauenanteil bei Jobs in der Cybersicherheit von 14,6 Prozent bildet Deutschland das Schlusslicht im internationalen Vergleich.
Das geht aus einer Auswertung des Karrierenetzwerks LinkedIn aus 2024 hervor:
Ursachen für den geringen Frauenanteil
Aus welchen Gründen entscheiden sich nur so wenige Frauen für die Cybersicherheit? Viele Faktoren tragen dazu bei, dass sie in der Branche nach wie vor in der Minderheit sind. Dazu gehören veraltete Rollenbilder, mangelnde Sichtbarkeit weiblicher Vorbilder und eine oft männlich dominierte Unternehmenskultur. Darüber hinaus spielt die fehlende Förderung naturwissenschaftlicher und technischer Fähigkeiten bei Mädchen in Schule und Ausbildung eine wichtige Rolle ebenso wie anhaltende Stereotypen.
Und auch mit Blick auf die aktuellen Rahmenbedingungen innerhalb der Cybersicherheit gibt es Nachholbedarf. Im Rahmen unserer eigenen Erhebung haben wir mehr als 100 Frauen zu ihrer aktuellen Arbeitssituation befragt. Die Ergebnisse: 41 Prozent der Befragten haben in den letzten fünf Jahren eine Organisation verlassen, um in einer anderen Organisation zu arbeiten. Als Grund für den Wechsel nennen die meisten Frauen die Organisationskultur (55%), gefolgt von einer fehlenden Unterstützung der Führungsebene und fehlende Aufstiegschancen (beide 45%). Darauf folgen eine bessere Bezahlung (43%) sowie die größere Herausforderung in einer anderen Position (40%). Ein Viertel der Frauen geben geschlechtsspezifische Diskriminierungserfahrungen als Ursache an. Insgesamt 79% Prozent der Befragten sehen im Bereich IT-Sicherheit Herausforderungen für Frauen.
Auf die Frage nach den genauen Herausforderungen berichten die Frauen von Hürden und Herausforderungen, die oft subtil, aber dennoch belastend sind:
- Stereotype und Vorurteile:
Rollenklischees sind tief verwurzelt und führen dazu, dass Frauen oft weniger zugetraut wird. Ihre Kompetenz im Bereich Technik wird angezweifelt, und sie müssen sich ihre Anerkennung mühsam erarbeiten und stetig beweisen. - Unsichtbarkeit und fehlende Anerkennung:
Frauen werden oft in unterstützende, administrative Aufgaben gedrängt und erhalten seltener Zugang zu wichtigen Informationen, die informell in „Männerrunden“ ausgetauscht werden. - (Unterbewusste) Diskriminierung:
Konkurrenzsituationen werden eher als Kräftemessen anstelle von Zusammenarbeit empfunden, was auf Dauer entmutigend wirkt. Einige Frauen berichten im Rahmen unserer Umfrage auch von Belästigungen und offenem Sexismus. - Gefühl von Isolation und des „Nicht-Dazugehörens“:
Viele Frauen empfinden aufgrund des geringen Frauenanteils ein starkes Einsamkeitsgefühl und das Gefühl, persönlich nicht in die bestehende Arbeitskultur zu passen. Diese vermittelte „Außenseiterrolle“ beeinflusst beispielsweise auch Faktoren wie die Kleiderwahl.
Wege zu mehr Diversität
Was muss sich ändern, damit einerseits mehr Frauen den Schritt in die Branche wagen? Und wie lassen sich die Rahmenbedingungen verbessern, um weibliche Fachkräfte auch langfristig in der Cybersicherheit zu halten?
Da die Gründe für den geringen Frauenanteil vielschichtig sind, braucht es ein Zusammenspiel aus verschiedenen Maßnahmen, auf die wir im Folgenden näher eingehen:
Auch wenn die aktuellen Zahlen zeigen, dass Frauen in der Cybersicherheit nach wie vor in der Minderheit sind, gibt es viele Möglichkeiten, dies zu ändern. Initiativen, die Mädchen und Frauen fördern, und Organisationen, die gezielt weibliche Fachkräfte rekrutieren und eine inklusive Unternehmenskultur schaffen, sind der Schlüssel zu einer vielfältigeren und damit auch stärkeren Cybersicherheitsbranche – und damit letztlich auch ein wertvoller Beitrag zur nationalen Sicherheit.
Sie möchten mit uns gemeinsam daran arbeiten, dass die Branche vielfältiger wird? Wir sind immer auf der Suche nach Organisationen, die unsere Mission unterstützen. Bei Interesse senden Sie uns gerne eine Nachricht an unser Postfach ewa@eurobits.de. Wir freuen uns über Ihre Anfrage!